WGP zeigt neue Ansätze für eine krisenfeste Industrie

Die Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik hat ein frei verfügbares Positionspapier zur Resilienz in der Produktion veröffentlicht. Es zeigt praxisnahe Ansätze, wie Fabriken widerstandsfähiger gegenüber Krisen werden können. „Mit dieser wissenschaftlichen Abhandlung betreten wir Neuland“, berichtet der WGP-Präsident Prof. Michael Zäh vom Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb) der TU München.

"Resilienz in der Industrie ist in anderen Bereichen bereits ein Thema. Doch als WGP bieten wir nun erstmals einen wissenschaftlich fundierten Ansatz, um die Resilienz von Produktionssystemen gezielt zu steigern."
Das Positionspapier bietet Unternehmen und Forschenden somit eine Grundlage, ihre Produktionssysteme zu modellieren und resilienter zu gestalten.

Neue Zielgrößen für Produktionssysteme

Die Notwendigkeit der Resilienz in der Produktion wird sowohl in der wissenschaftlichen Literatur als auch in Executive-Umfragen seit mehreren Jahren diskutiert. Globale Krisen wie Lieferkettenstörungen haben nun aber klar vor Augen geführt, dass heutige Produktionssysteme zu anfällig für unerwartete Ereignisse sind. "Die Explosion der Containerpreise während der Pandemie war nur ein Beispiel dafür, wie wirtschaftliche Rahmenbedingungen die Rentabilität von Produktionen gefährden können", betont Robert Schmitt, Hauptautor des Positionspapiers und Inhaber des Lehrstuhls IQS am Werkzeugmaschinenlabors (WZL) der RWTH Aachen. Die Ziele einer Produktion müssen daher aus Sicht der WGP-Professorinnen und -Professoren neu gedacht werden. Neben technischen und finanziellen Kennzahlen rücken soziale und ökologische Indikatoren wie Zufriedenheit der Mitarbeitenden und CO₂-Fußabdruck in den Fokus.

Alte Paradigmen, neue Ansätze

Die Autoren knüpfen in ihrem Positionspapier an bestehende Produktionsparadigmen wie Lean Production an und erweitern diese um resilienzfördernde Elemente. "Das Ziel ist ein Vorgehensmodell, das eine dynamische Anpassung an wechselnde Bedingungen erlaubt und Synergien mit etablierten Ansätzen schafft", so Schmitt. Resilienz steht also nicht im Widerspruch zu anderen, etablierten Paradigmen, braucht aber eine klare, auch in die technologische Ebene ausgearbeitete Roadmap zur Umsetzung.

Gemeinsame Datenräume als Schlüssel

Zentrale Voraussetzung für resiliente Produktionssysteme sind durchgängige Datenflüsse - sie ermöglichen Antizipation, Flexibilität und Wandlungsfähigkeit. "Wir benötigen gemeinsame Datenräume, in denen Informationen aus verschiedenen Disziplinen wie Supply Chain Management, Makroökonomie und Data Science zusammengeführt werden", betont Schmitt. Zukünftig wird das industrielle Datenmanagement wichtiger denn je werden. Gleichzeitig dürfen auch die Datenräume nicht überreguliert werden, um der Resilienz nicht im Wege zu stehen.

Chance auf Vorreiterrolle nutzen

Deutschland und Europa könnten durch ihre starke Forschung und leistungsfähigen produzierenden Unternehmen eine Vorreiterrolle einnehmen. Das WGP-Positionspapier unterstützt hierbei und liefert Handlungsempfehlungen zur Implementierung von Resilienz in Produktionssystemen auf wissenschaftlicher Basis. "Damit Resilienz in der Industrie kein theoretischer Begriff bleibt, ist weitere Forschungsarbeit nötig", betont Schmitt.

Mit dem Positionspapier lädt die WGP Unternehmen und Forschungseinrichtungen dazu ein, sich aktiv an der Weiterentwicklung resilienzorientierter Produktionsstrategien zu beteiligen.


Infokasten WGP-Positionspapier zur Resilienz in Produktionssystemen

Das Standpunktpapier der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik (WGP) behandelt umfassend das Thema Resilienz in Produktionssystemen. Es verdeutlicht die wachsende Relevanz von Resilienz angesichts globaler Krisen wie der COVID-19-Pandemie und geopolitischer Spannungen, die zu Störungen in Lieferketten und Energieressourcen geführt haben. Resilienz wird als die Fähigkeit eines Produktionssystems definiert, bei unerwarteten Störungen funktionsfähig zu bleiben und schnell zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zurückzukehren.
Das Papier gliedert sich in mehrere Hauptbereiche:
Definition und Modell zur Resilienz in Produktionssystemen: Resilienz wird in Abgrenzung zu Flexibilität und Robustheit als eigenständiges Konzept positioniert, das insbesondere auf unvorhersehbare und drastische Störungen reagiert.
Vorgehensmodell zur Umsetzung von Resilienz: Es wird ein schrittweises Modell vorgestellt, das von der Identifikation kritischer Funktionen über die Erkennung von Schwachstellen bis hin zur Implementierung von Schutzmaßnahmen reicht.
Forschungs- und Handlungsbedarf: Das Papier zeigt spezifische Forschungsfelder auf, etwa die Entwicklung belastbarer Kennzahlen und Datenmodelle zur Messung von Resilienz, der Einsatz digitaler Technologien wie Gaia-X zur Sicherstellung durchgängiger Datenflüsse und die Stärkung einer Resilienzkultur in Unternehmen.
Konkretisierung der Unternehmensgestaltung: Es betont die Notwendigkeit, Resilienzstrategien so auszuarbeiten, dass sie praktisch umsetzbar sind und auch soziale und ökologische Aspekte einschließen.

Das Positionspapier ist frei verfügbar und bietet konkrete Handlungsempfehlungen.

Quelle: http://wgp.de

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