Freundliche Übernahme: Mutmacher in Rödermark

Wie kann Etabliertes bewahrt und aufgefrischt werden? Geballtes Fachwissen beim Infotag der Wirtschaftsförderung

Wie kann Etabliertes bewahrt und aufgefrischt werden? - Geballtes Fachwissen beim Infotag der Wirtschaftsförderung

"Überlegen Sie mal: Es gibt in Deutschland zigtausende Gewerbetreibende, die händeringend Nachfolger für ihre Unternehmen suchen. Das ist ein Riesenpotenzial. Und im Gegensatz zum Startup, das praktisch bei Null anfängt, reden wir hier von in der Regel gut etablierten Betrieben. Von bewährten Geschäftsmodellen und ganz oft beeindruckenden Lebenswerken, die es verdient haben, sie fortzuführen und vielleicht noch größer zu machen, moderner, innovativer - auf jeden Fall zukunftsfähig."So klingt der Tenor von Michèle Kreuter bei ihrem Kurzvortrag im Foyer der Kulturhalle. Die junge Frau weiß, wovon sie spricht. Sie hat 2024 gemeinsam mit ihrem Bruder Frédéric und ihrem Geschäftspartner Luca-Alexej Dessauer den Hessischen Gründerpreis in der Kategorie "zukunftsfähige Nachfolge" gewonnen. Jetzt ist sie nach Rödermark gekommen, um über diese Erfolgsgeschichte zu berichten. Ausgerechnet in der Corona-Talsohle hatte alles begonnen. In der Veranstaltungsbranche, die damals am Boden lag. Doch Kreuter Eventtechnik schaffte mit zwei Unternehmensübernahmen in den Jahren 2020 und 2023 einen fast schon märchenhaften Aufstieg. Von anfangs 5 auf mittlerweile über 30 sei die Zahl der Beschäftigten angewachsen. Den Umsatz habe man enorm gesteigert, Durchhaltevermögen bewiesen und viele neue Ideen zur Umsetzung gebracht, erläutert die Geschäftsfrau mit eloquentem Charme. Kurzum: So sehen Mutmacher in wirtschaftlich angespannten Zeiten aus.

Die Wirtschaftsförderungen der Nachbarstädte Rödermark, Dietzenbach und Dreieich freuen sich natürlich, wenn sie solche Beispiele für frisches, produktives Unternehmertum im Rahmen ihrer Veranstaltungsserie "Infotage 2025" präsentieren können. Jüngst waren die Rödermärker Gastgeber einer solchen Dialog-Plattform mit insgesamt sechs Referenten und Redebeiträgen frei nach dem Motto"Speed-Input".

Rund 30 interessierte Zuhörer nutzten das kostenfreie Angebot, stellten Nachfragen und knüpften Kontakte. Deutlich wurde, dass das Thema für beide Seiten spannend und komplex ist. Also für diejenigen, die geschäftlich etwas "vermachen" möchten. Aber ebenauch für all jene, die auf Bestehendes aufbauen und sich damit einsolides Standbein sichern möchten.

Peter Weilmünster vom auf Unternehmensberatung spezialisierten Verein "Wirtschaftspaten" verdeutlichte, was einen Produzenten oder Dienstleister letztendlich "übergabewürdigt" macht. Seine Kernbotschaft: "Gut strukturiertes Vorgehen ist wichtig. Man sollte drei bis fünf Jahre einplanen. Die braucht es für gewöhnlich, um ein Unternehmen auf eine Übergabe vorzubereiten und den Schritt dann auch zu vollziehen."Realistische Bewertungen sollten formuliert werden, "um Enttäuschungen vorzubeugen", betonte Weilmünster. Die allgemeinen Rahmenbedingungen seien nicht einfach. Viele Senior-Unternehmer ausder Boomer-Generation stünden mittlerweile vor der Zäsur namens "Übergabe". Doch familieninterne Nachfolge-Regelungen seien längst nicht mehr das Mehrheitsmodell. Hinzu komme, dass die Seiteder potenziellen Übernahme-Interessenten zahlenmäßig schwächele (Stichwort: Demografie) und manchmal auch von blauäugigen Erwartungshaltungen getrieben sei. Deshalb, so Weilmünsters Fazit, sei es unbedingt nötig, professionelle Vermittlungshelfer zu Rate zu ziehen. Just solche Wegweiser mit dem nötigen Fachwissen gaben sich bei der Inforunde das Mikrofon von Hand zu Hand.

Holger Winkler vonder IHK Offenbach stand ebenso Rede und Antwort wie der Steuerberater Alexander Ficht aus Dreieich. Reinhard Butz und Angela Ringshausen vom Büro gruenderberatungen.de waren mit ihrer großen Expertise aus dem Odenwald zum Meinungsaustausch angereist.

Alfons Hügemann von der städtischen Wirtschaftsförderung, der das zweistündige Pingpong getreu der Devise "Rundumschau und Ratschläge" federführend vorbereitet hatte, war mit dem Ablauf mehr als zufrieden. Seine Bilanz: "Es war informativ und facettenreich. Wir freuen uns über die sehr gute Resonanz derjenigen, die gekommen sind und das Angebot genutzt haben. So soll es sein: Wir liefern Impulse für unsere heimische Wirtschaft." Wie hochaktuell das Thema ist und absehbar bleibt, verdeutlicht eine Schätzung des in Bonn ansässigen Instituts für Mittelstandsforschung. Die Recherche besagt, dass im Zeitraum von 2022 bis 2026 deutschlandweit etwa 190.000 Unternehmen zur Übergabe anstanden und anstehen.

Foto 1: Michèle Kreuter, mit dem Hessischen Gründerpreis 2024 in der Kategorie "zukunftsfähige Nachfolge" ausgezeichnete Unternehmerin, war nach Rödermark gekommen, um ihre ganz persönliche Erfolgsgeschichte zu erzählen.

Foto 2: Der Chef-Organisator und die Referenten nach dem "Speed-Input" in der Kulturhalle. Von links: Alfons Hügemann, Angela Ringshausen, Reinhard Butz, Peter Weilmünster, Holger Winkler und Alexander Ficht

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