FRA-UAS: Augmented Reality Acoustics - Vereinfachte Schallmessung mit der Datenbrille

Forschende der Frankfurt UAS entwickeln neuen Ansatz für die messtechnische Kartierung von Schallfeldern

In vielen Städten hat die Lärmbelastung heutzutage ein Ausmaß angenommen, das immer wieder zu Beschwerden und Rechtsstreitigkeiten führt. Dabei sind die Lärmquellen recht vielfältig, und ihr Zusammenwirken in Verbindung mit den Umgebungseinflüssen macht es oft unmöglich, einzelne "Schuldige" auszudeuten. Das liegt vor allem daran, dass die vollständige messtechnische Kartierung von Schallfeldern, durch die bspw. Geräuschquellen aufgespürt werden können, aufgrund ihres hohen Aufwands nicht üblich ist. Im Forschungsprojekt "Augmented Reality Acoustics - Dreidimensionale Erfassung von Schallfeldern mit Hilfe von Mixed-Reality" soll nun erforscht werden, inwiefern Mixed Reality-Brillen bei der Ortung sowie der Visualisierung von akustischen Feldern unterstützen können. Es wird von Forschenden um Prof. Holger Marschner von der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) durchgeführt. Das Projekt wird finanziert aus dem Förderprogramm "Forschung für die Praxis" des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst (HMWK). Es wird über einen Zeitraum von 12 Monaten mit einer Summe von 35.000 Euro gefördert.

"Wir verfolgen den Ansatz, mit einer speziellen Mixed-Reality Brille sowie mit Schalldruck- oder Schallintensitätssonden Räume optisch und akustisch zu vermessen, um anschließend Schallflüsse zu visualisieren. Das erlaubt gleichzeitig die technische Beschreibung der vorhandenen Schallquellen und der Raumrückwirkungen", erklärt Marschner, Professor für Maschinenbau-KFZ Technik - NVH am Fachbereich Informatik und Ingenieurwissenschaften der Frankfurt UAS. "Dieser Ansatz ist völlig neu und soll den Nutzerinnen und Nutzern helfen, Probleme schneller analysieren und lösen zu können." Erst die ganzheitliche Analyse des vorliegenden Schallfelds, d. h. der räumlichen Verteilung des von allen Quellen abgestrahlten Lärms, ermöglicht eine methodische und zielführende Arbeitsweise. Mit den Kenntnissen einer Schallfeldkartierung lassen sich beispielsweise Geräuschquellen orten oder die Schallleistung von Maschinen berechnen. Auch in der technischen und musikalischen Akustik hilft sie, die Übertragungsqualität von Sprache und Musik in Wohn-, Geschäfts- oder Vorlesungsräumen zu bestimmen und Optimierungsmaßnahmen abzuleiten.

"Wir entwickeln ein innovatives und vor allem interdisziplinär umsetzbares Verfahren, denn von den Forschungsergebnissen können, je nach Anwendung, sowohl Maschinenbauingenieurinnen und -ingenieure, Architektinnen und Architekten, Toningenieurinnen und -ingenieure als auch Musikerinnen und Musiker gleichermaßen profitieren", so Marschner. In dem Forschungsprojekt steht dabei nicht die einzelne Analyse bestehender Probleme im Vordergrund, sondern die Entwicklung eines im praktischen Alltag einsetzbaren Verfahrens, bei dem sich nicht nur technische Daten der Schallquelle bestimmen lassen, sondern auch Aussagen über Nahfeld, Freifeld, Diffusfeld oder Hallradius getroffen werden können. "Das Innovationspotenzial des Vorhabens wird durch das Interesse externer Partner aus unterschiedlichen Sparten bekräftigt", ergänzt Marschner.

Die Grundidee für das Projekt ist bereits 2016 unter dem Titel "Augmented Reality als qualitätsverbessernde Maßnahme in der Lehre" sowie durch die Gründung des hochschuleigenen VR-Labors entstanden, in dem weitere Professorinnen und Professoren auch auf den Gebieten Service-Engineering und Strömungstechnik forschen. 2018 verfasste Christopher Morschel, Studierender in Marschners Lehreinheit, seine Bachelorarbeit zum Thema, in der er sich mit der Messung und Visualisierung von Skalar- und Vektorfeldern bei Nutzung von Mixed-Reality-Geräten befasste. Sie wurde kurze Zeit später mit dem Absolventenpreis des Fördervereins der Hochschule ausgezeichnet und bildete gleichzeitig die Grundlage für die Vergabe um das Hessen-Ideen-Gründungsstipendium, um welches sich Morschel gemeinsam mit den Studierenden Elisabeth Kunz und Alexander Pfaff erfolgreich beworben hat. Das aus dem studentischen Projekt entstandene Produkt wurde zudem als Patenanmeldung eingereicht. Während sich die studentische Gründungsinitiative der Vermarktung des bisher erreichten Stands widmet, geht die Forschung mit der dreidimensionalen Schallfeldcharakerisierung in die nächste Runde.

Prof. Dipl.-Ing. Holger Marschner

Marschners Interesse für Automobiltechnik zieht sich wie ein roter Faden durch seinen Lebenslauf: Geboren 1965 in Darmstadt, erhielt er während seines Wehrdienstes eine Grundausbildung als Kfz/Pz-Schlosser. Später studierte er an der Technischen Hochschule Darmstadt den Diplomstudiengang Allgemeiner Maschinenbau mit dem Schwerpunkt Fahrzeug- und Messtechnik. Als wissenschaftliche Hilfskraft im Fachgebiet Fahrzeugtechnik arbeitete er an unterschiedlichen Projekten und Fragestellungen mit. Ab 1996 arbeitete Marschner bei Continental Teves AG & Co. oHG, in Frankfurt zunächst als Versuchsingenieur im dynamischen Bremsenprüffeld, dann als Leiter "NVH (Noise, Vibration, Harshness)- und Methodenentwicklung" im Bereich "Entwicklung Radbremse", ab 2007 als Leiter "NVH" im Geschäftsbereich "Hydraulische Bremssysteme" und ab 2009 zusätzlich als "Principal Technical Expert NVH". 2013 übernahm er einen Lehrauftrag an der Frankfurt UAS, seit 2015 ist er Professor für Maschinenbau - Kfz-Technik - NVH am Fachbereich Informatik und Ingenieurwissenschaften. Industrieweit ist Marschner als Autor zahlreicher Publikationen und Fachvorträge und als Chairman internationaler Tagungen bekannt. Neben seinen hochschulischen Tätigkeiten ist er Fachgremiumsmitglied "Straßenverkehrsunfälle" der IHK Darmstadt Rhein Main Neckar und Arbeitskreisleiter "Fahrzeug- und Verkehrstechnik (FVT)" des VDI-Bezirksvereins Frankfurt- Darmstadt.

Kontakt: Frankfurt University of Applied Sciences, Fachbereich 2: Informatik und Ingenieurwissenschaften, Prof. Holger Marschner, Telefon: +49 69 1533-3940, E-Mail: marschnerfb2.fra-uas.de

Weitere Informationen zum Fachbereich Informatik und Ingenieurwissenschaften unter www.frankfurt-university.de/fb2; mehr zum Forschungsprojekt unter www.frankfurt-university.de/kfz-labor

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