„19 statt 7“: Paukenschlag nach „GastroTisch“

Appell der Rödermärker Wirte blieb ohne Gehör – Bunderegierung plant Rückkehr zu höherer Besteuerung von Speisen im Lokal

Rödermark 23.11.23 - Herbe Enttäuschung in der Rödermärker Gastroszene: Er war nicht von Erfolg gekrönt, der Versuch, mit einem Brandbrief an Bundesfinanzminister Christian Lindner und dessen Ampel-Koalitionspartner in Berlin auf eine Beibehaltung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für Speisen in Restaurants und Cafés zu drängen. Mit Beginn des Jahres 2024, so hat es die Bundesregierung nun angekündigt, soll wieder die Formel „19 statt 7 Prozent“ als Richtschnur für die Besteuerung dienen.

Zur Erläuterung: Der reduzierte Satz war 2020 im Zuge des Corona-Ausnahmezustandes als Entlastungsmaßnahme eingeführt und während der instabilen Nach-Pandemie-Phase (Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation) mehrfach verlängert worden. Bundesweit hatten zahlreiche Gaststätten-Betreiber und Hoteliers, aber auch Stadtverwaltungen und Vertreter der Tourismusbranche wiederholt mit Resolutionen und verstärkter Öffentlichkeitsarbeit dafür geworben, die Vorgabe „7 statt 19“ dauerhaft zu etablieren.

In Rödermark beteiligten sich Bürgermeister Jörg Rotter und die Erste Stadträtin Andrea Schülner an der plakativen Brandbrief-Aktion und bekundeten Solidarität mit den Wirtsleuten. Gleiches galt für die städtische Wirtschaftsförderung, die kürzlich zu einer neuen Auflage der Dialogrunde „GastroTisch“ eingeladen hatte. Bei Gastgeber Antonio Maccarone im Restaurant „Porto Cervo“ in Waldacker stand das Thema „Mehrwertsteuer auf Speisen im Lokal“ ganz oben auf der Tagesordnung.

Im Beisein von Kerstin Junghans, der stellvertretenden Hauptgeschäftführerin der DEHOGA Hessen, kreiste der Meinungsaustausch um die besagte Formel mit den unterschiedlichen Steuersätzen. Gab es am Tag der Veranstaltung noch Anzeichen, die auf eine einjährige Verlängerung der Sonderregelung hindeuteten, so folgte keine 24 Stunden später die kalte Dusche für all jene, die am „GastroTisch“ zusammengekommen waren, um ihre Wünsche, Sorgen und Erwartungen zu formulieren.

Die Bundesregierung kündigte an, dass ab dem kommenden Jahr mit der Rückkehr zur Regelung „19 statt 7“ wieder mehr Steuervolumen ausgeschöpft werden solle. Die Reaktion in den Reihen der direkt Betroffenen, die sich tagtäglich in ihren Küchen und im Service mit dem Thema „Speisen für die Gäste“ beschäftigen: Enttäuschung und großer Frust.

Kerstin Junghans und ihre DEHOGA-Kollegin Luise Parat, die ebenfalls zur Gesprächsrunde nach Rödermark gekommen war, wiederholten nach der Weichenstellung in Berlin all jene Argumente, die in den zurückliegenden Wochen und Monaten ins Feld geführt worden waren, frei nach dem Motto „Ein abgeschwächter Steuersatz stärkt die Branche“.

Auch bei den Rödermärker Gastronomen Hans Gensert („Odenwaldblick“), Steffi Gotta („Lindenhof“), Vinzenz Schrod („Zum Löwen“) und Andrea Billing („Ebbelsche“), die allesamt die blauen Umschläge mit dem Bittschreiben pressewirksam zum Briefkasten gebracht hatten, und bei deren Kollegen herrschte Betroffenheit, nachdem die Entscheidung auf Bundesebene verkündet worden war.

Die Formel „19 statt 7“ sei unsinnig, ungerecht und europaweit eine Besonderheit unter negativen Vorzeichen, da in Deutschland nun alsbald wieder beim Essen in Lokalen der deutlich höhere Steuersatz gelte, während Speisen zum Mitnehmen, nach Hause gelieferte Menüs oder beispielsweise der Fertigsalat im Supermarkt nach wie vor mit sieben Prozent berechnet würden. Ein schwerer Schlag für das Gaststättengewerbe, das spätestens „seit Corona“ einen harten Existenzkampf auszufechten habe, und eine grobe Missachtung der sozialen Komponente, weil eben Lokale als „öffentliche Wohnzimmer der Nation“ nicht in ausreichendem Maße gewertschätzt würden: All diese Vorwürfe, so die Kritiker, müssten sich die Entscheidungsträger in der Bundeshauptstadt gefallen lassen.

Auch der Bürgermeister zeigt sich ernüchtert. „Es ist bedauerlich, dass all die guten und überzeugenden Argumente, die in diesem Jahr so intensiv und beharrlich in die Diskussion eingebracht wurden, kein positives Ergebnis für unsere Gastronomie zur Folge hatten“, unterstreicht Jörg Rotter. 

Den Tenor, der bei den Spezialisten in Sachen „Speis und Trank“ zu hören ist, kann der Verwaltungschef gut nachvollziehen. Einem schwierigen Jahr 2024 blicke die Branche entgegen – da waren sich alle Versammelten am „GastroTisch“ einig. Doch auch trotzige Töne klangen nach dem Treffen an. Für die DEHOGA machte Kerstin Junghans deutlich: „Der Kampf geht weiter“, denn schließlich sei von einem politischen Votum die Rede. Oder anders ausgedrückt: Von einer Entscheidung, die nicht für alle Zeiten in Stein gemeißelt sei.

Foto: Der jüngste „GastroTisch“, zu dem die städtische Wirtschaftsförderung eingeladen hatte, brachte Rödermärker Wirtsleute und Hoteliers im Restaurant „Porto Cervo“ in Waldacker zusammen. Mit von der Partie war auch Kerstin Junghans (Zweite von rechts), die stellvertretende Hauptgeschäftführerin der DEHOGA Hessen.

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